Lifetime oder Lifestyle?
Text: Maren Krings
Fotos: Sabine, Peter & Maren Krings
Ein sattes Knattern wechselt zu einem 50 PS starken Schnurren, das Ganze dunkelgelb und rechteckig ummantelt, mit abgerundeten Ecken, ergibt meinen 1971 gebauten, “grossen Bruder”, auf vier Rädern. Sein Taufname ist “Good Bonzo”, wie er diesen bekam können mir heute noch nicht einmal mehr meine Eltern erklären.
Wenn mein “großer Bruder” nach harter Arbeit seinen Tag beschließt, dann ist noch lange keine Ruhe zu verbuchen. Zuerst positioniert er sich auf vier Rädern, nach der Genauigkeit einer Wasserwaage, dann wird er spendabel. Wenn sein weiss-rot gestreiftes Haupt, aus Plane, sich den letzten Sonnenstrahlen entgegenreckt, wird es gesellig um ihn herum. Egal wo man ist, seine Aura strahlt und zieht die unterschiedlichsten Menschen und Lebewesen in seinen Bann.
Zwischen Wortfetzen, wie: ”Was iss’n das für’n Baujahr”, oder “Hat der den 50-er oder den 80-er Motor drinnen?”, überwinden scheue Menschen ihre Hemmungen in der Kontaktaufnahme.
Mein “großer Bruder” ist ein toller Kerl! Unter seinem Schirm der Geborgenheit haben schon tolle Freundschaften begonnen. Noch besser ist dieser 71-er, wenn er Abends großzügig seine Pforten öffnet, einige dieser schüchternen Menschen eintreten, jeder ein Gläschen Wein in der Hand, eine Zigarre macht die Runde, auf dem Herd köchelt ein Topf mit Spaghetti und schon fangen die Unterhaltungen dort an, wo Altbekannte sonst nur fortsetzen können.
Liegt es an seiner bewegten Geschichte, das dieser VW-Bus Camper mit original Westfalia Ausstattung, Baujahr 1971, die Menschen so in seinen Bann zieht, oder ist es der aktuelle Hype um diese Fahrzeuge und insgeheim die Hoffnung, damit den Lifestyle der 70-er Jahre noch einmal aufflammen zu lassen? Der Hype ist real und manifestiert sich an satten Peisen, die solche Gefährte heutzutage kosten.
Die 70-er? Mir können sie egal sein, es war vor meiner Zeit und ich lebe gerne im Hier und Jetzt, auf meine Art und Weise. Die ist ein wenig pränatale 70-er gemischt mit allem, was zwischen denen und dem heutigen 2014 liegt. Es war im Frühjahr 1974, als meine bereits nach Australien ausgewanderten Eltern, Sabine und Peter, auf einem Heimaturlaub “Good Bonzo” in Neuisenburg erwarben. Die bevorstehende Wiedereinwanderung nach Deutschland sollte auf vier Rädern und in Form einer Weltreise vonstatten gehen.
Die ersten drei Kindheitsjahre hatte Good Bonzo als “Miet- Camper” in einer Autovermietung verbracht. Vielleicht war er froh, als sein neues Leben mit der Verschiffung von Happag-Lloyd von Hamburg nach Sydney begann. Kaum erlangte Good Bonzo australisches Festland, begannen auch schon die Vorbereitungen für die sechs Monate lange Weltreise, auf der er knapp 40.000 Kilometer zurücklegen würde.
Good Bonzo machte sich die Reifen im australischen Staub von Sydney via Coober Pedy nach Perth dreckig und bezog dann, zum zweiten Mal in seinem Leben, den Container eines Schiffes, um nach Singapur zu gelangen. Eine atemberaubende Reise, für damalige Verhältnisse, (heute rein politisch schon nicht mehr möglich) entfaltete sich von dort an.
Von Malaysia nach Thailand, dort ein back- tracken via Schiff nach Malaysia. Weiter ging es nach Indien und Nepal. Von dort wieder retour nach Indien. Über Pakistan, Afghanistan ging es dann durch “Persien”- Iran, in die Türkei, durch den Norden Griechenlands, Jugoslawien, (heutiges Serbien und Slowenien), Österreich und endlich dann Deutschland.
Für einige Jahre behielt Good Bonzo seine Funktion als Familienmitglied des Krings- Clans. Dann durfte er ruhen. Nur gelegentlich rissen wir den alten Herrn aus seinem Schlafe. Nämlich dann, wenn wir Kinder mal wieder, mit vielen Freunden, vorhatten, im Garten zu campen. Dach hoch, Liegen ausgeklappt, Hängematte in der Fahrerkabine gespannt, schafften wir es mit bis zu sechs Kindern Good Bonzo zu bevölkern. Das waren prägende Campingerlebnisse.
Etwas sozialisierter verhielten wir uns auf den Sommerurlauben mit den Eltern, da beliefen sich die gelegentlichen Benimm Fauxpas eher darauf, das wir auf dem aufgeklappten Campingtisch zwischen dem Topf mit Kartoffeln herum marschierten.
Ach ja, als Krankenwagen musste er auch einmal agieren, als mein leiblicher Bruder (auf zwei Beinen) mich als Zielscheibe im Meer, für den grössten Stein, den er mit neun Jahren heben konnte, missbrauchte. Hätten wir Urlaub in einem Opel Corsa gemacht, wäre ich sicherlich verblutet, aber einem Bulli winkt man sogar freudig zu, wenn er rote Ampeln überfährt. Dieses Phänomen, einer fast ausgestorbenen Freundlichkeit, Toleranz und Liebenswürdigkeit, beobachte ich mit wachsendem Interesse. Manchmal habe ich den Eindruck, wenn jeder einen Bulli fahren würde hätten wir eine andere Welt, in der wir leben!???
Wir Kinder wurden älter und vorbei waren diese Urlaubsreisen mit Good Bonzo, wohl auch deswegen, weil weder Tobi (mein leiblicher Bruder) noch ich im pubertierenden Stadium dem guten Bonzo zugemutet werden konnten.
Endlich war dann auch das Abi geschafft, als mich die ziemlich beiläufige Frage ereilte: ”Sag mal hast du am VW-Bus Interesse, oder sollen wir den besser verkaufen?”
Ich war schon immer von einem triebhaften Sammelverhalten besessen und sagte schneller ja, als ich wusste, worum es genau ging. So also ging Good Bonzo in die zweite Generation über. Alle Vorhaben von Weltreisen und anderen Abenteuertrips im Bus zerschlugen sich, da mein ausgeprägter Drang zum Reisen mich ohne Bulli in die Welt hinaus trieb. Jahre später, als ich mir die Hörner ein wenig im Ausland abgestoßen hatte, kam ich wieder zurück und begann zu überlegen, wie ich es anstellen würde, als brotloser Künstler meinen “großen Bruder” mit TÜV und kleinen Reparaturen zu versehen. Eine Tiroler Patenschaft, so solide wie die Berge dieser Alpenrepublik, machte es möglich. Nun rollt Good Bonzo mit einer Kitzbüheler Nummerntafel am Hintern durch Mitteleuropa und vereint, was noch zu vereinen ist!
Umsetzung unter seiner Haube als mobiles Büro begleitet. Davon erscheint „Nerven wie Seile – die Bergrettung im Ensatz“, im September 2014 im Buchhandel. Mehr zum making-off des Buches kann im Blog www.brtirol.wordpress.com gelesen werden.
Lifetime or lifestyle?
Text: Maren Krings
Fotos: Sabine, Peter & Maren Krings
The engine noise turn from a thick rattle to 50 horsepower worth of purring noise. Covered in a dark yellow coat with rounded off edges makes, what I call my 1971 built “big brother” on four wheels. His Christian name “Good Bonzo” remains a mystery, not even my parents can explain me, where it came from.
When my big brother is done with his daily work, it rarely turns quiet around him. First of, he positions himself, according to the accuracy of a mechanic level, the he turns into a most generous being. Whenever he reaches for the last sun rays with his red-white striped canvas roof, social life starts to mingle around him. His aura radiates, no matter where he is, he casts a special spell over humans and other beings.
“How old is he?”, or “what engine is it, the 50 horsepower, or the 80?”, these are the snippets of conversations, you can hear, when shy people overcome their initial fear of getting in touch with strangers. My big brother is an amazing guy! Underneath his shelter of security, wonderful friendships have begun.
He gets even better, this 71-er, when he opens up his doors at night to give shelter to all these shy people, each one of them with a glass of wine, a cigar makes the round, Pasta is cooking on the stove and conversations potential start, where old friends usually just continue.
What is the actual attraction of this 1971 VW- Bus, with original Westfalia camping interior, who takes people in his spell so immediately? Is it the present hype for these automotives? Or is it a hopeless wish to bring back to life some of this 70 lifestyle? Reality is, that there is a never seen hype around the VW buses, which manifests in high prices, which has to be payed to acquire a model nowadays.
The 70-ies? I donʼt mind them, though they happened before my time and I have to admit, I am quite happy living in the here and now and do that my way. I guess you can call that lifestyle a bit of prenatal 70-ies, mixed in with all that is in between there and 2014. It was in spring of 1971, that my parents bought Good Bonzo in Neuisenburg. By that time they had already emigrated to Australia and were in Germany for a short vacation. A return to Germany for good was planned and hence Good Bonzo was going to be the vehicle, in which they planned to make a world trip bringing them back home.
His first three years of life Good Bonzo was giving his service to a camper rental agency and was probably quite happy to begin a new life, when Happag Lloyd took him on and shipped him from Hamburg over to Sydney Australia. Barely on australian soil, the preparations for the 6 months world trip started, which would put roughly 40.000 kilometers on top of Good Bonzoʼs shoulders.
He got his wires dirty in the australian sand, running from Sydney via Coober Pedy to perth, then he got to ride a ship for the second time of his life. This time over to Singapore. What came then, was a stunning trip, nowadays not even thinkable anymore, for too many countries are in warfare. They started from Malaysia off to Thailand, from there a little back tracking via ship to Malaysia. Further on to India and Nepal. From Nepal back to India in oder to continue on via Pakistan, Afghanistan, through “Persia”- Iran, on to Turkey and through the north of Greece and Yugoslavia (nowadays Serbia and Slovenia). On it went into Austria and then finally Germany.For several years Good Bonzo remained to be the family bus, the he finally was allowed to rest. We only interrupted his rest for crazy camp outs, which were pure adventure t us kids. Roof up, beds prepared, the hammock in the driver cabin and thus we managed to stuff up to six children into the VW bus. These were times to be remembered by us.
A little bit more socialized were the vacation trips we took together as a family with Good Bonzo. Our occasional behavioral faux-pas were limited to stamping around the potato pot on the camping table. Oh, I almost forgot, Good Bonzo did have to substitute an ambulance once in Spain. When my physical brother used me as target in the ocean, to throw the biggest stone at, which he was able to lift as a nine year old. I guess if we would have gone on vacation in a n Opel Corsa, I would have bled to death, this way, people actually still waved at us, as we ran one past the next one of red lights, on our way to the clinic.
It is really catching my attention, as a VW bus driver, the whole world seems to be by far more tolerant, loving and caring. Should we ban all cars except VW buses? Would this change this world instantaneously into the place we want to life in??!
We grew into teenagers and out of the time, when traveling in Good Bonzo seemed to be fun. More so I expect my parents feared for Good Bonzoʼs health, letting us wild teenagers spend more than 30 seconds in the bus.
Time moved on and suddenly I was even done with High School. Shortly after my graduation, I was confronted with my parents question:”Hey are you actually interested in Good Bonzo, or should we better sell him?” As I am a passionate collector of pretty much everything there is, it was clear, that I verbalized my interest in the bus quicker than my mind actually realized, what this discussion was about. This is the unspectacular passing on into the second generation, of Good Bonzo. All plans of a revival of a world trip dissolved, as I had a very strong urge to just get out there in the width of this world, in order to chip of my horns of enthusiasm for the world. Been there done that, I retuned to Germany, realizing now, that I was the classical type of artist, with big pockets and not much to fill them with. So reactivating my big brother seemed to be more of a headache, since I was lacking the financial means of giving him the few repairs he needed and the legitimation of a license plate. A Tyrollean adoption, as high and strong as the mountains of this Alp republic, saved my big brother, got him pimped with few new original parts and rolling with a beautiful KB (Kitzbüheler district) license plate on his butt. He now is running up and down through Europe and unites what is left to be reunited.
Amazingly, he has even fostered the phase of research and photo production, for two picture books. The second book will be published September 2014 under the name :”Nerven wie Seile - Die Bergrettung im Einsatz”. The book will give insight into the work of the voluntary mountain rescue in Tyrolia. Interviews of the rescuers themselves will juxtapose with photo stories and historical facts. More about the making off the book can be found in the blog under: www.brtirol.wordpress.com.